Neulich besuchte ich Sadhana in Marburg. Sie hat mir von ihrer Arbeit in der Natur und dem Berufsbild der Staudengärtnerin erzählt. Im Interview merkt man, wie sehr sie ihren Beruf liebt.
Wie sie dazu gekommen ist und was sie genau tut, erfahrt ihr im folgenden Interview:

Was ist deine Berufsbezeichnung?
Meine genaue Berufsbezeichnung ist Gärtnerin mit Fachrichtung Stauden. Die Ausbildung dauert 3 Jahre, kann aber, wie bei mir, auf 2 ½ Jahre verkürzt werden, wenn bereits eine Ausbildung vorhanden ist.
Wie bist du dazu gekommen?
Ich hatte bereits einige Jahre in der Medienbranche gearbeitet, als ich beschloss, dem hohen Druck in dieser Branche für eine Weile zu entfliehen und meiner zweiten großen Leidenschaft, dem Reisen, nachzugehen. Aus den angedachten zwei Monaten wurden 2.5 Jahre in Indien und 1.5 Jahre in Australien. In Australien merkte ich, wie sehr ich die Arbeit in der Natur genieße und wie viel besser es mir persönlich dabei geht. Nach meinem Aufenthalt in Australien und einer anschließenden Weltreise kam ich nach 5 Jahren zurück nach Deutschland und musste mir überlegen, wie es beruflich weitergehen sollte.
In Australien hatte ich versucht, wieder in die Medienbranche einzusteigen. In der Produktionsleitung für Sonderwerbeformen beim Nachrichtensender NTV habe ich viele verschiedene Projekte wie Studioaufnahmen, Werbespots, Sondersendungen oder auch Börsengänge begleitet. Allerdings merkte ich schnell, dass mich diese Arbeit nicht in gleichem Maße befriedigte wie meine Arbeit in der Natur in Australien.
So beschloss ich mit Anfang 30, gerade zurück in Deutschland, mein Interesse an Heilpflanzen weiter zu vertiefen. Durch meine Zeit in Australien hatte ich bereits erste Berührungen mit dem Thema und wollte mehr erfahren.
Bei meinen Recherchen bin ich relativ schnell auf den Demeter-Verband gestoßen und habe mir angeschaut, was diesen Verband und seine Mitglieder ausmacht. Durch Demeter habe ich auch erfahren, dass Heilpflanzen sogenannte Stauden sind. Da für mich klar war, dass ich in einem biologisch nachhaltigen Unternehmen arbeiten möchte, wurde ich auf die renommierte Bio-Staudengärtnerei Gaissmaier aufmerksam.
Also beschloss ich, dort einfach anzurufen und zu fragen, ob es noch freie Ausbildungsplätze gibt. Zunächst war man skeptisch, weil ich Anfang 30 und damit zu alt für eine Ausbildung war. Nachdem die ersten bürokratischen Hürden überwunden waren und ich durch ein Probearbeiten Einblick in den Arbeitsalltag bekommen hatte, entschied sich das Unternehmen, mich die Ausbildung machen zu lassen.
Durchhaltevermögen und Beharrlichkeit hatten sich ausgezahlt.
Was lernt man während der Ausbildung zur Staudengärtnerin?
Zunächst beginnt man mit dem Topfen. Dafür gab es eine spezielle Topfmaschine, wo man am Fliesband stand und ein Topf nach dem anderen von der Maschine mit Erde befüllt wurde und man dann händisch die Jungpflanzen von den Anzuchtplatten in den Topf drückte. Oder wir machten auf dem Mutterpflanzenacker Stecklinge von z.B. Rittersporn oder Storchschnabel und topften diese am Topftisch direkt in Töpfe.
Mein Lieblingsarbeitsort war das Anzucht-Gewächshaus, in dem man sich um die Jungpflanzen kümmert. Man prüft die Luftfeuchtigkeit, gießt, stellt sicher, dass die Pflanzen gesund sind, und kontrolliert sie auf Schädlinge. Da die Gärtnerei ein Biobetrieb war, durften keine Pestizide eingesetzt werden. Zur Schädlingsbekämpfung wurden daher auch Laufenten eingesetzt, die sich u.a. von Schnecken ernähren. Mein Highlight des Tages war, sie abends in ihren Stall zu bringen.
Während meiner Ausbildung habe ich auch viel in der Kommissionierungsabteilung gearbeitet. Wenn Kunden eine Bestellung aufgeben, sammelt man die gewünschten Pflanzen ein und verschickt sie. Der schönste Bereich war für mich der Verkauf, weil man hier auch Kontakt zu Menschen hat und die Kunden zu den Pflanzen beraten kann.
Während der 2.5 Jahre musste ich auch ein Berichtsheft führen. Ich habe da jeden Tag reingeschrieben, was ich in der Gärtnerei gearbeitet habe. Spaß hat mir gemacht, ein Herbarium anzulegen. Das sind Pflanzenbeschreibungen und Fotos über Herkunft, Wuchs/Höhe und Lebensbereich.
In der Berufsschule lernt man allgemein alles über Botanik und Bodenkunde, Wetter- und Klimakunde, Pflanzenschutzmaßnahmen, Kulturführung in der Theorie, also die Vermehrung von Pflanzen durch Stecklinge oder Aussaat und den Umgang mit technischen Geräten. Ach ja, Fachrechnen gehörte auch dazu.
Dann war deine Ausbildung beendet, wie ging es weiter?
Während meiner Ausbildung wurde ich schwanger und brachte zwei Monate nach Beendigung meiner Ausbildung meine Tochter zur Welt. Das führte zu einer natürlichen beruflichen Pause. In dieser Zeit habe ich angefangen, mir mein eigenes Geschäft aufzubauen, da ich während der Ausbildung herausgefunden habe, dass man, wenn man ausgelernt hat, nur 1600 EUR brutto verdient. Zusätzlich muss man sich in der Regel in den Wintermonaten arbeitslos melden. Aus diesen Gründen war eine Festanstellung keine Option für mich. Für mich war aber nicht nur wegen der Bezahlung klar, dass ich mich selbstständig machen muss.
Mein Vater war ebenfalls selbstständig. Als er früher als Angestellter gearbeitet hat, habe ich ihn nie lachen sehen, das hat sich dann später in der Selbständigkeit geändert. Er konnte sich seine Zeit frei einteilen. Als Selbständige sah ich mehr Freiheiten und auch die Möglichkeit zu wählen, mit wem ich zusammenarbeiten möchte und für wen ich arbeite. Es stellte sich auch die Frage, wie ich die Erziehung meiner Tochter und meine Arbeit gut unter einen Hut bringen könnte.
Da musste ich erst einmal viel recherchieren, wie man so etwas auf die Beine stellt und einen Weg finden, mich mit einem Gründungszuschuss selbstständig zu machen.
Das RKW und die KfW Bank bietet eine Menge nützlicher Informationen für Gründerinnen. Ich hatte kein Geld für eine eigene Website oder das Wissen, um so etwas selbst auf die Beine zu stellen. Deshalb habe ich nach Fördermöglichkeiten gesucht. Das RKW hat einen kleinen Betrag zur Verfügung gestellt.
Ich habe dann über das Unternehmerinnen-Netzwerk eine Grafikdesignerin kennengelernt, die mich in der Erstellung meiner Geschäftsunterlagen unterstützt hat. Zeitgleich habe ich eine Zusatzausbildung zur Naturpädagogin absolviert, um mir ein zweites Standbein zu schaffen. Langsam hat sich ein solides Konzept herauskristallisiert.
Gartengestaltung für Privatkunden und Naturpädagogik für freie Träger, Schulgärten oder Pflegeheimen.
Damals gewann ich die meisten meiner Kunden durch Mundpropaganda oder durch meinen Flyer. Was bei mir inzwischen wunderbar funktioniert, sind 15-minütige Kennenlerngespräche, die der Kunde über meine Website buchen kann. Daraus ergibt sich dann oft eine 1½-stündige Gartenberatung.
Unabhängig davon, welche Vorstellungen die Kunden bereits haben und was ihnen genau vorschwebt, gehe ich mit ihnen einmal komplett durch den Garten, höre mir an, was die Kunden möchten, und berate, wie sie ihren Garten in eine nachhaltige, blühende und insektenfreundliche Wohlfühloase verwandeln können. Ich gebe meine Ideen an die Kunden weiter, Ideen, auf die sie selbst nicht gekommen wäre.
Ich gebe meine Sichtweise dazu, was von ihren Ideen machbar ist, was pflegeleicht ist oder wie der Garten das ganze Jahr über ansprechend aussehen könnte. Auch, wie der Boden vorbereitet werden muss, um den Pflanzen optimale Bedingungen zu geben.
Sozusagen meine Vision, wie Mensch und Natur in Einklang gebracht werden können.
Inzwischen mache ich vorrangig die Gartenberatung und die Bepflanzung. Ich begleite die Kunden als kreative Bauleitung. Ich vermittle Garten- und Landschaftsbaubetriebe für den Bau von Trockenmauern und Pflasterarbeiten oder wenn größere Umbaumaßnahmen erforderlich sind. Durch meine Erfahrung und mein persönliches Netzwerk weiß ich, welche Firma für den jeweiligen Kunden gut passen könnte. Die Firmen unterbreiten dann ein Angebot für die Leistung, welches ich dann für den Kunden genauer auswerte. Ich berate über die Kosten, die Anpassung des Angebots und die kreative Umsetzung des Ganzen. Von Anfang bis Ende bin ich die Schnittstelle zwischen allen an einem Projekt beteiligten Parteien.
Durch meine langjährige Arbeit mit Pflanzen bin ich inzwischen eine absolute Expertin, wenn es um Pflanzkonzepte für nachhaltige, bienen- und schmetterlingsfreundliche Staudenpflanzungen und blühende Hecken geht.
Mein umfassendes Gartenwissen gebe ich seit vielen Jahren in Vorträgen weiter und bin seit diesem Jahr Beraterin für Schulgärten in Hessen. Das wird über das hessische Umweltministerium finanziert. In naher Zukunft will ich mein Gartenwissen auch in einem Garten-Coaching-Programm online anbieten. Das arbeite ich gerade aus.
Wie sieht eine typische Arbeitswoche bei Dir aus?
Eigentlich beginnt alles mit der Planung für die nächste Woche. Welche Projekte laufen, wo fehlen Angebote, was ist der nächste Schritt? Dann sind es eigentlich immer 2-3 Tage Pflanzungen oder Gartenpflege, den Rest der Zeit verbringe ich dann mit Büroarbeit. Pflanzkonzepte erstellen, Angebote einreichen, Pflanzen und Gehölze bestellen, Social Media. Mittwoch ist der Tag für Gartenberatungen.
Was ist das Schönste an Deinem Job?
Der Moment, wenn ich nach einem halben Jahr wieder zu meinen Kunden komme und sehe, wie sich die Pflanzen entwickelt haben und ob die Gedanken, die ich mir über Konzeption und Gestaltung gemacht habe, aufgegangen sind. Oft sehe ich auch, dass die Natur das Ganze besser gemacht hat, als ich vorher gedacht habe. Oder auch zu sehen, wie lebendig ein Garten durch die Insekten geworden ist. Dass er zu einem nachhaltigen Garten geworden ist. Ich glaube, das ist der Punkt, der mir am meisten Freude an meiner Arbeit macht. Dass sie wertvoll ist. Dass ich etwas Gutes für die Welt tue. Das ist wirklich die Arbeit, die mich vollkommen befriedigt. Es ist etwas Sinnvolles. Dann sind auch die Rückenschmerzen vergessen, die man auf dem Weg zum Endergebnis hat.
Was muss man mitbringen, um diese Art von Arbeit zu machen?
Man muss mit und in der Natur arbeiten wollen, bei jedem Wetter. Draußen sein wollen. Du darfst keine Angst vor harter und manchmal mühsamer Arbeit haben. Du solltest zumindest einen Realschulabschluss und ein gutes Maß an körperlicher Fitness haben. Aber das Wichtigste ist das Interesse an Pflanzen!
Vielen Dank Sadhana für das spannende Gespräch.
Wenn Du noch mehr über sie und ihre Arbeit erfahren willst, schau gern auf ihrer Webseite vorbei und lass Dich von ihrem Wissen und der Liebe zur Natur inspirieren:
Flower Power – Blühende Gärten (flowerpowergarten.de)

Wenn du noch mehr über andere Berufsbilder erfahren willst, dann schaue dir auch gern unser Interview mit dem Papiertechnologen Marco an:
0 Kommentare